Logo Reilbach Rechtsanwälte

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kanzlei für Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Betriebsräte

Erfahren, spezialisiert, zielorientiert. Ihre Rechtsanwälte für Arbeitsrecht, Mietrecht und Immobilienrecht in Köln und Hamburg.

Urlaubsansprüche während Mutterschutz und Elternzeit

Urlaubsansprüche von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich in Elternzeit oder Mutterschutz befinden, sind immer wieder ein Thema rechtlicher Auseinandersetzungen. Ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zeigt einmal mehr, wie wichtig eine sorgfältige und rechtzeitige Erklärung zur Kürzung des Urlaubsanspruchs ist. Für Arbeitgeber ergeben sich daraus wesentliche Handlungsempfehlungen, um Streitigkeiten zu vermeiden und klare Regelungen zu schaffen.

Zuerst aber eine kurze Begriffsklärung:

Beschäftigungsverbot =                Ein ärztliches Beschäftigungsverbot (§ 16 MuSchG) dient dem Schutz von Mutter und Kind und stellt eine wichtige Maßnahme im Arbeitsrecht dar, um Gefahren während der Schwangerschaft zu minimieren. Es wird von einer Ärztin oder einem Arzt ausgesprochen, wenn die Gesundheit einer schwangeren Arbeitnehmerin oder ihres Kindes durch die Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit gefährdet wäre. Sollte eine Anpassung der Tätigkeit nicht möglich sein, ist eine Beschäftigung der Schwangeren nicht zulässig. Die Schwangere hat während dieser Zeit Anspruch auf ihre volle Vergütung. Die Zahlung teilen sich Krankenkasse und Arbeitgeber. Auch entsteht ein Urlaubsanspruch für diesen Zeitraum.

Mutterschutzfristen =                   Gemäß § 3 Mutterschutzgesetz bestehen Schutzfristen vor und nach einer Entbindung. So darf der Arbeitgeber eine schwangere Frau die letzten sechs Wochen vor und die ersten acht Wochen nach der Geburt grundsätzlich nicht beschäftigen. Eine Beschäftigung in den sechs Wochen vor Geburt des Kindes ist jedoch dann möglich, wenn die Schwangere ausdrücklich mitteilt, dass sie arbeiten möchte. Die Schutzfrist nach der Geburt verlängert sich bei erschwerenden Bedingungen (Früh- und Mehrlingsgeburten sowie Geburt eines Kindes mit Behinderung) auf 12 Wochen, § 3 Abs. 2 MuSchG.  Die Vergütung der Schwangeren in dieser Zeit teilen sich Krankenkasse und Arbeitgeber. Die Krankenkasse zahlt 13 € pro Kalendertag (Mutterschaftsgeld, § 19 MuSchG). Die Differenz zum regelmäßigen Nettolohn gleicht der Arbeitgeber aus (Zuschuss zum Mutterschaftsgeld, § 20 MuSchG). Auch während dieser Zeit entstehen Urlaubsansprüche in der vertraglichen Höhe.

Elternzeit =                                      Die Elternzeit bietet Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen die Möglichkeit, sich auf Antrag vollständig oder teilweise von ihrer beruflichen Tätigkeit freistellen zu lassen, um sich der Betreuung und Erziehung des Kindes zu widmen. Geregelt ist die Elternzeit und das damit zusammenhängende Elterngeld im BEEG. Der Anspruch auf Elternzeit besteht bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres eines Kindes. Ein Anteil dieser drei Jahre von bis zu 24 Monaten kann zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes in Anspruch genommen werden. Während dieser Zeit besteht kein Lohnanspruch gegenüber dem Arbeitgeber. Die finanzielle Absicherung kann abhängig von der Aufteilung und dem Elterngeldmodell über 12 bis 28 Monate mittels Elterngeld erfolgen. Während der Elternzeit ruht das Arbeitsverhältnis. Es entstehen keine Lohnansprüche. Grundsätzlich entstehen aber Urlaubsansprüche. Dies kann durch eine ordnungsgemäße Kürzung vermieden werden.

Im dem nun entschiedenen Fall (BAG, Urteil vom 16.4.2024 – 9 AZR 165/23) stritt eine Arbeitnehmerin nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit ihrem ehemaligen Arbeitgeber über die Abgeltung von 146 Urlaubstagen. Die Klägerin war über  vier Jahre hinweg abwechselnd im Mutterschutz und in Elternzeit. Der Arbeitgeber hatte während des laufenden Arbeitsverhältnisses keine Kürzungserklärung für die Urlaubsansprüche abgegeben.

Das BAG entschied zugunsten der Arbeitnehmerin. Die wesentlichen Punkte des Urteils:

  • Urlaubsansprüche im Mutterschutz entstehen weiterhin: Während des Mutterschutzes entstehen Urlaubsansprüche uneingeschränkt (§ 24 S. 1 MuSchG).
  • Für die Elternzeit können Urlaubsansprüche nach § 17 Abs. 1 BEEG gekürzt werden, allerdings nur durch eine ausdrückliche Erklärung des Arbeitgebers.
  • Diese Kürzung des Urlaubsanspruchs muss aber im laufenden Arbeitsverhältnis erfolgen. Sie kann nicht rückwirkend oder pauschal vorab erklärt werden. Nach Ende des Arbeitsverhältnisses kann die Erklärung nicht nachgeholt werden.

Daher unsere Tipps an Sie:

1. Kürzungserklärung rechtzeitig abgeben

Arbeitgeber können den Urlaubsanspruch für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit kürzen. Hierzu ist jedoch eine aktive Erklärung nötig. Diese sollte zeitnah nach Bestätigung der Elternzeit erfolgen, um Missverständnisse oder rechtliche Risiken zu vermeiden. Es bietet sich hier an, die Kürzungserklärung direkt mit der Bestätigung der Elternzeit dem Mitarbeitenden gegenüber auszusprechen.

2. Transparente Kommunikation

Klare Kommunikation mit den Mitarbeitenden ist entscheidend. Erläutern Sie frühzeitig, wie sich Elternzeit auf den Urlaubsanspruch auswirkt, und stellen Sie sicher, dass alle Beteiligten über die geltenden Regeln informiert sind.

3. Sorgfältige Dokumentation

Dokumentieren Sie Kürzungserklärungen schriftlich und fügen Sie eine Kopie der Personalakte samt Vermerk über die Zustellung der Mitteilung an den Mitarbeitenden bei. Sollte es später zu Streitigkeiten kommen, können Sie so Ihre Position besser verteidigen.

4. Beschäftigungsverbot, Mutterschutz und Elternzeit sauber trennen

Urlaubsansprüche aus Zeiten des Beschäftigungsverbotes und Mutterschutzes können nicht gekürzt werden. Diese Ansprüche bleiben in voller Höhe bestehen und sollten entsprechend berücksichtigt werden. Korrekt ausgeübt, kann eine entsprechende Erklärung eine Kürzung der Urlaubstage

5. Verjährung beachten

Urlaubsansprüche verfallen nicht während des Mutterschutzes oder der Elternzeit. Der Anspruch beginnt erst mit Ende dieser Schutzzeiten zu verjähren. Planen Sie rechtzeitig und vermeiden Sie unnötige Ansammlungen von Resturlaub.

Eine fehlerhafte Handhabung von Urlaubsansprüchen kann nicht nur zu rechtlichen Konflikten, sondern auch zu Unzufriedenheit bei Mitarbeitenden führen. Durch frühzeitige und korrekte Maßnahmen schaffen Sie Klarheit und vermeiden unnötige Risiken.